Technologievergleich und Ökobilanz von Abwasserreinigungsanlagen in alpinen Extremlagen | ![]() |
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Die Bemessungen der einzelnen Anlagen des Life-Projektes wurden als Teil der Anlagenbeschreibung dargestellt (s. Abschnitt „Abwasserentsorgumg am Beispiel der errichteten Anlagen“). In der folgenden Vergleichsstudie werden die maßgeblichen Bemessungsparameter der beiden Hauptkategorien biologischer Reinigungsverfahren – Belebtschlamm- und Biofilmverfahren – untersucht.
Der wichtigste Bemessungsparameter der Belebtschlammverfahren ist die Schlammbelastung - angegeben als organische Tagesfracht bezogen auf die belüftete Schlammmasse im System (kg BSB5 / kg aerobe Trockensubstanz). Die einzelne Anlagen wurden auf Schlammbelastungen im Bereich zwischen 0,08 und 0,22 kg BSB5/kg TS bemessen, wie ist in Abb.1 dargestellt ist. Diese Bemessungen basierten auf verschiedenen Belebtschlammkonzentrationen, die zwischen 3,0 und 5,0 g TS/l angenommen wurden. Diese Werte entsprechen damit dem Bereich optimaler Belebtschlammkonzentrationen in kommunalen Kläranlagen (vergleiche ATV A131).
Die erreichte Reinigungseffizienz bezüglich CSB lag zwischen 85 und 97 % (Durchschnitt der jährlichen Wirkungsgradbestimmungen). Die Nitrifikation erwies sich als ein deutlich instabilerer Prozeß, wobei laut österreichischem Wasserrecht in Extremlagen keine Stickstoffelimination erforderlich ist. Die beobachten Wirkungsgrade der N-Elimination reichten von 22 bis 84 %. Offensichtlich hängt die erreichte Stickstoffelimination nicht von der bemessenen Schlammbelastung ab (s. Abb.1). Als generelles Ergebnis der durchgeführten Messungen ist festzustellen, daß die tatsächlichen Schlammkonzentrationen in den verschiedenen Belebtschlammsystemen nur ca. halb so hoch waren wie die Bemessung erwarten ließe (um ca. 2,0 g TS/l). Die aufgetretenen Schlammbelastungen erreichten daher Werte um 0,4 kg BSB5/kg TS während Schönwetterperioden mit hoher Belastung, was zwangsläufig zu einem Auswaschen der Nitrifikanten führt. Aber die Meßergebnisse zeigen auch auf, daß großzügig bemessene Kläranlagen nicht unbedingt höhere Schlammmassen im System erreichten. Verschlechterte Schlammabsetzeigenschaften und starke Schlammstabilisierung während Schwachlastperioden sind mögliche Erklärungen.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß von all den unterschiedlich bemessenen Belebtschlammsystemen eine zufriedenstellende CSB-Elimination erreicht werden konnte. Der Wirkungsgrad der Stickstoffelimination hängt stark von der lokalen Abwassercharakteristik ab und weniger von Schlammbelastung bzw. vom Schlammalter aus der Bemessung.
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Abb. 1: Erreichte Wirkungsgrade der Belebtschlammanlagen im Life-Projekt im Verhältnis zur Schlammbelastung laut Bemessung.
Der analoge Bemessungsparameter für Biofilmanlagen ist die organische Oberflächenbelastung ausgedrückt in g BSB5 pro m2 Festbettoberfläche und Tag. In Abb.2 ist der Bereich der angewendeten Bemessungsbelastungen zwischen 0,3 und 2,7 g BSB5/m2.d dargestellt. Die erreichten Wirkungsgrade hinsichtlich der CSB-Elimination lagen zwischen 85 und 95 % und bezüglich der Stickstoffelimination zwischen 7 und 85 %. Die gemessenen Reinigungsleistungen zeigen daher ähnliche Schwankungen wie die der untersuchten Belebtschlammsysteme. Sie korrelieren ebenfalls nicht mit den spezifischen organischen Belastungen der Bemessung. Die höchste Stickstoffelimination von 85 % wurde z.B. von der Biofilmanlage mit der höchsten Oberflächenbelastung von 2,7 g BSB5/m2.d erreicht.
Daher können hier ähnliche Schlüsse gezogen werden wie bei den Belebtschlammsystemen: Offensichtlich ergibt sich ein signifikanter Unterschied zwischen Biomasse laut Bemessung und der tatsächlich aktiven Biomasse im System. Die besten Betriebsergebnisse wurden von Biofilm-Systemen erreicht, die mindestens zwei Reinigungsstufen mit unterschiedlichem Füllkörpermaterial aufweisen und über eine Schwallbeschickung zur effizienten Verteilung des Abwassers über die bewachsenen Oberflächen verfügen. Kunststoff-Füllkörper mit hohen spezifischen Oberflächen von bis zu 200 m2/m3 sind offenbar für die hochbelastete erste Stufe gut geeignet, während speziell für die 2. oder 3. Stufe Sand- oder Bodenkörperfilter bessere Ergebnisse erzielten. Generell haben sich die Reinigungsleistungen der untersuchten Biofilmanlagen bis zur zweiten Betriebssaison ständig verbessert. Daraus folgt, daß das Wachstum sessiler Organismen im Biofilm auf frischen und glatten Oberflächen erschwert ist.
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Abb. 2: Erzielte Wirkungsgrade der Biofilm-Anlagen im Life-Projekt in Abhängigkeit von der bemessenen Oberflächenbelastung .
Ein weiterer wichtiger Bemessungsparameter von Biofilm-Systemen ist die Rücklaufrate von gereinigtem Abwasser. Häufig wird die Abwasser-Rezirkulation besonders bei hochkonzentriertem Rohabwasser als notwendig erachtetet. Einerseits wird durch die Kreislaufführung das zufließende Abwasser verdünnt und es ergibt sich bei Rücklaufraten von ca. 100 % eine zweite Filterpassage zur Elimination von Abwasserinhaltsstoffen. Andererseits verursacht die Kreislaufführung eine zusätzliche hydraulische Belastung und damit eine verminderte Retentionszeit für Diffusionsprozesse im Biofilm. In Abb.3 sind die Rücklaufraten der Life-Biofilmanlagen dargestellt, deren Einstellung aus den Betriebserfahrungen resultiert. Deutlich ist folgende Abhängigkeit zu sehen: Je niedriger der spezifischer Wasserverbrauch (bzw. je höher die Konzentrationen) ist, desto niedriger ist die erforderliche Rücklaufrate. Bei einem Objekt mit ungenügender Wasserversorgung (spezifischer Wasserverbrauch von 13 l/EW) z.B. wurde nach der ersten Betriebssaison völlig auf die Rezirkulation verzichtet. Zum Ausgleich der Zulaufmenge verfügt diese Anlage über einen Puffer- bzw. Pumpspeichertank .
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Abb. 3: Die eingestellten Rezirkulationsraten (Prozentsatz von der maximalen täglichen Zulaufmenge) der untersuchten Biofilmanlagen im Verhältnis zum spezifischen Wasserverbrauch .